Unablässig spricht die Stimme, wirres Zeug, ohne Zusammenhang. Plötzlich kommt es aus den Tiefen des Unterbewusstseins geschossen, diesem mysteriösen Supercomputer, der sich meiner direkten Kontrolle entzieht: eine Idee. Ideen sind belebend, sie fühlen sich aufregend an. In ihnen schlummert ein Potential - etwas Wertvolles, das ich (und nur ich) realisieren kann. Ideen sind flüchtig, sie bleiben nur für einen Augenblick in Erinnerung, im Arbeitsspeicher des Gehirns. Hier entscheidet sich, ob ich die Idee in einem Moment der Achtlosigkeit vergesse, ihr mit blindem Aktionismus folge, oder sie zunächst etwas genauer betrachte. > Zwischen dem Reiz und der Reaktion liegt unsere größte Macht – wir haben die Freiheit, unsere Reaktion zu wählen. [^1] [^1]: Stephen R. Covey: „Die 7 Wege zur Effektivität“ Das Entpacken einer Idee, um sie untersuchen zu können, erfordert einen gewissen Aufwand, um von ihrer Oberfläche in die Tiefe abzutauchen. Das Unterbewusstsein liefert nur den Impuls, keinen vollständigen Plan mit Kontext und Erklärung. Der bewusste Teil des Denkens muss die Frage beantworten, ob es sich nur um eine mit heißer Luft gefüllte Hülle handelt, oder ob sich darin Substanz verbirgt. Allzu oft erscheinen Ideen brillant an der Oberfläche, zerplatzen aber wie Seifenblasen, sobald man sie sezieren will. Es ist das Schreiben, das den brillanten Schein der Idee durchdringt, sie durchsichtig macht, so dass ich sie von allen Seiten betrachten kann. Schreiben verlangsamt die Gedanken, macht sie vollständig. Schreiben ist auf eine unbarmherzige Art und Weise präzise, sämtliche Unklarheiten und Lücken werden offenbart. Die Unvollkommenheit und Sinnlosigkeit einer Idee, die als vielversprechende Blase durch den Kopf schwebt, hat auf dem Papier keine Chance. Worte verwandeln die Idee in etwas Substantielles. Eine Idee zerfällt, oder ihr volles Potential kommt zum Vorschein. > If writing down your ideas always makes them more precise and more complete, then no one who hasn't written about a topic has fully formed ideas about it. And someone who never writes has no fully formed ideas about anything nontrivial.[^2] [^2]: Paul Graham: [„Putting Ideas Into Words“](https://paulgraham.com/words.html) Überspringe ich das Aufschreiben der Idee, dann verfalle ich in einen blinden Aktionismus. Ich jage ein Phantom, bekomme es nie richtig zu fassen, denn seine Form verändert sich ständig. Erst das Schreiben materialisiert die Idee, macht sie für mich greifbar.